Rechtssichere Besetzung des Prüfungsausschusses

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Die zuständige Stelle errichtet für die Durchführung der Abschluss- und Umschulungsprüfung einen ordnungsgemäß zusammengesetzten Prüfungsausschuss. Die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses ist in § 40 Abs. 1 und Abs. 2 BBiG geregelt. Bis Dezember 2021 bestand der Prüfungsausschuss aus mindestens drei Prüfern – einem Arbeitgebervertreter, einem Arbeitnehmervertreter und einem Lehrervertreter. Die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite müssen dabei in gleicher Zahl vertreten sein und mindestens zwei Drittel der Gesamtzahl der Ausschussmitglieder ausmachen. Am 15. Dezember 2021 wurde die Richtlinie
des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung der Musterprüfungsordnung für die Durchführung von Abschluss- und Umschulungsprüfungen aufgrund eines Gerichtsurteils angepasst (Hauptausschussempfehlung 120).

§2 Zusammensetzung und Berufung von Prüfungsausschüssen

(1) Der Prüfungsausschuss besteht aus drei Mitgliedern, sofern in einer Anlage zur Prüfungsordnung für bestimmte Prüfungsausschüsse keine höhere Anzahl festgelegt ist. Die Mitglieder müssen für die Prüfungsgebiete sachkundig und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sein (§ 40 Absatz 1 Satz 2 BBiG).

Demnach muss ein Prüfungsausschuss aus genau drei Prüfern bestehen und nicht mehr aus mindestens drei. Es muss für den Prüfling immer ersichtlich sein, von welcher Anzahl von Prüfern die Prüfung abgenommen wird. Die Anpassung der Hauptausschussempfehlung erfolgte aufgrund eines Antrages, welcher ein angehender Koch vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW in Münster mit Erfolg vorbrachte. Er durfte seine praktische Abschlussprüfung wiederholen, die er mehrmals nicht bestanden hatte. Das Gericht begründete den Beschluss mit einem Verfahrensfehler der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, die für die Prüfung am 19. November 2020 weniger Prüfer eingesetzt hatte als bei den Prüfungen, die der Kläger 2018, 2019 und 2020 bereits abgelegt, aber nicht bestanden hatte.

Zur Gewährleistung der Chancen­gleichheit (Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes) müsse die konkrete Zahl der Prüfer rechtlich bindend festgelegt werden – zumindest über Verwaltungsanweisungen, heißt es zur Begründung des Beschlusses. Das war bei der Prüfung des Kochs nicht der Fall: Weder das Berufsbildungsgesetz (BBiG) noch die Ausbildungsordnung und auch nicht die Prüfungsordnung der IHK hätten die Prüferanzahl hinreichend bestimmt, erläuterte Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg. „Da es nirgendwo schriftlich stand, hat das Oberverwaltungsgericht das nochmal geklärt“, sagte er. „Dem Auszubildenden sind keine Nachteile entstanden.“ Der Koch habe eine neue Prüfung gemacht und bestanden. (Quelle: https://ga.de/news/wirtschaft/regional/bonn-rhein-sieg-auszubildender-klagt-gegen-ihk_aid-60496137)

War zum Beispiel der Prüfungsausschuss nicht ordnungsgemäß besetzt, so können die schriftlichen Prüfungsarbeiten von einem ordnungsgemäß besetzten Prüfungsausschuss neu bewertet werden. Die mündliche Prüfung muss jedoch vor dem ordnungsgemäß besetzten Prüfungsausschuss nochmals nachgeholt werden. Die ursprüngliche fehlerhaft abgenommene mündliche Prüfung kann nämlich nicht rekonstruiert und nachbewertet werden, denn dabei handelt es sich um einen einmaligen Vorgang, eine sogenannte flüchtige Prüfungsleistung. Entsprechendes, wie für die schriftliche Prüfung, gilt für ein Prüfungsstück, während die Arbeitsprobe ebenso wie die mündliche Prüfung nochmals erbracht werden muss. (J. Dillinger)