Mit Mitarbeiter über den Krieg sprechen

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Seit einigen Wochen prasseln minütlich Nachrichten-Updates auf unsere Bildschirme und rufen ein Gefühl der Hilflosigkeit und Angst hervor – ganz egal, ob man direkt oder indirekt betroffen ist. Es herrscht Krieg in Europa. Das ist für viele beängstigend. Durch den Krieg in der Ukraine stellen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Frage: Wie gehe ich mit meinen Gefühlen um? Darf ich über meine Gefühle sprechen? – Es herrscht oftmals Unsicherheit darüber, ob man mit seinen Vorgesetzten, Kollegen oder Mitarbeitern über Gefühle sprechen darf bzw. wie man mit Gefühlen im beruflichen Kontext umgehen sollte.

Dazu lässt sich aus psychologischer Seite sagen: Ja, man darf und sollte auch über seine Gefühle zu diesem Krieg oder auch anderen Katastrophen sprechen. Wir fühlen uns mit Furcht und Angst konfrontiert. Hierbei muss man jedoch zwischen Furcht und Angst unterscheiden. Furcht hat einen konkreten Hintergrund und bezeichnet in erster Linie ein Gefühl der Bedrohung, beispielsweise, wenn man mit einem Messer bedroht wird. Angst hingegen ist eine abstrakte Bedrohung, die Situation ist nicht konkret und es ist schwer etwas dagegen zu tun, wie zum Beispiel bei der Frage: Wird der Krieg zu uns kommen?

Als Führungskraft sollte man also offen kommunizieren, dass es Raum dafür gibt, über dieses Thema, seine Gefühle und Emotionen sprechen zu können, wenn das Bedürfnis besteht.

Der Krieg in der Ukraine wird auch als Informationskrieg betitelt. Darunter versteht man die gezielte Verbreitung von politischen Informationen und Propaganda in den digitalen und sozialen Medien, um Menschen zu beeinflussen und Falschmeldungen zu verbreiten. Wie in einem realen Krieg, in dem Kampfhandlungen mit Waffen und menschlichen Ressourcen ausgetragen werden, wird auch im Infokrieg das Ziel einer Schwächung oder Bekämpfung der gegenüberstehenden Konfliktpartei als höchstes Ziel betrachtet. Der Unterschied im Informationskrieg besteht hierbei, dass im direkten Sinne keine physischen Schäden angerichtet werden, sondern die Beeinflussung der Psyche des Feindes und der eigenen Gesellschaft zum Ziel erklärt wird. Auf den unterschiedlichsten Social-Media-Kanälen werden im Minutentakt neue Informationen hochgeladen, meist gefolgt von heftigen Bildern. Die Gefahr dabei: Fakt or Fake? Falschmeldungen oder irrtümlich als Fakt dargestellte Neuigkeiten werden als Fake-News bezeichnet. Doch wie kann man sich gegen Fake News schützen? Hinterfragen Sie die Nachricht und Checken Sie das Bild. Bilder werden manchmal in einem falschen Zusammenhang verbreitet oder absichtlich irreführend inszeniert, um Falschmeldungen oder Unwahrheiten in die Welt zu setzen oder Fakes vermeintlich zu beweisen. Überprüfen Sie die Quellen. Oft werden Zahlen und Quellen genannt, weshalb die Seriosität der Quelle überprüft werden sollte. Fake News können ihren negativen Einfluss besonders dann entfalten, wenn sie möglichst viele Menschen erreichen, weshalb empfohlen wird, nicht alles direkt weiterzuleiten.

Durch Social Media besteht ebenfalls die Gefahr des Doom-Scrollings. Sinngemäß ist damit das ständige, nicht aufhörende Konsumieren schlechter Nachrichten gemeint. Wir nehmen schlechte Nachrichten auf und scrollen immer weiter durch mehr und mehr negative Meldungen. Durch das Doom-Scrolling, wird der eigene Social Media Algorithmus darauf eingestellt und es werden im eigenen Feed vermehrt Informationen und Bilder zu diesem Thema angezeigt. Durch Doom-Scrolling setzt man sich auf Dauer sehr viel Stress aus. Die negativen Folgen, die Doom-Scrolling haben kann, sind: Angstgefühle, ein Gefühl der Handlungsunfähigkeit und der Unsicherheit. Durch die Coronapandemie und den aufkommenden Krieg in Europa befinden wir uns in einem permanenten Alarmzustand und den Gefühlen von Mitleid und Mitgefühl ausgesetzt. Auch diese Begriffe müssen unterschieden werden. Unter Mitleid versteht man das „mit leiden“, eine Art Jammerfunktion und damit verbunden die Frage: “Darf ich überhaupt glücklich sein?“ Unter Mitgefühl hingegen versteht man das „mit fühlen“. Man versetzt sich in die Situation hinein und tut aus Mitgefühl positive Dinge, wie zum Beispiel Geld, Kleidung und Nahrungsmittel spenden oder selbst ein Spendenkonto eröffnen.

Um mit Krisensituationen und dem permanenten Alarmzustand bestmöglich umgehen zu können, benötigen wir die sieben Säulen der Resilienz. Bezogen auf den Menschen beschreibt Resilienz die Fähigkeit von Personen oder Gemein­schaften, schwierige Lebens­situa­tionen wie Krisen oder Katas­trophen ohne dauer­hafte Be­ein­träch­ti­gung zu über­stehen. Unter Resilienz versteht man also die eigene Widerstandsfähigkeit und innere Stärke.

(Die sieben Säulen der Resilienz beinhalten: Selbstwirksamkeit, Selbstreflexion, Selbstwahrnehmung, Optimismus, Lösungsorientierung, Bindung, Akzeptanz)

Viele Führungskräfte sind in ihrer Position zum ersten Mal mit solchen Krisen konfrontiert und fühlen sich selbst unsicher dabei, ihre Mitarbeiter durch diese Krisen zu führen. Als Führungskraft kann man insbesondere die Selbstwirksamkeit seiner Mitarbeiter stärken, indem man als Vertrauensperson auftritt, seinen Mitarbeitern die Möglichkeit bietet auch im beruflichen Kontext über seine Ängste und Gefühle zur aktuellen Situation sprechen zu können und sich im nächsten Schritt seinen eigenen Stärken bewusst zu werden. Zukünftige Führungskräfte sollten jedoch durch Kriseninterventionskurse auf solche Situationen besser vorbereitet werden, besonders im Hinblick auf den Umgang und das Ansprechen von Gefühlen und Ängsten. (J. Dillinger)