Kunststofftechnologe, ein neuer Beruf?

BEM (Betriebliches Eingliederungsmanagement)
18. September 2023
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Neue moderne Ausbildungsordnungen, die im Bundesinstitut für Berufsbildung erstellt werden, geben die Struktur der Ausbildung, die zu vermittelden Kompetenzen und die Anforderungen in den Prüfungen vor. Diese Ausbildungsordnungen sind das Ergebnis eingehender fachlicher Diskussionen der eingesetzten Sachverständigen mit den Experten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).

Bei der Neuordnung des Verfahrensmechanikers für Kunststoff und Kautschuktechnik könnten böse Zungen erst einmal sagen: „Alter Wein in neuen Schläuchen“ – doch dem ist bei Weitem nicht so. Bereits im Februar 2020 hatten sich der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e. V. (GKV) und ehemalige Sachverständige der Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE) zum ersten Mal darüber ausgetauscht, ob die Neuerungen und steigenen Anforderungen in der kunststoffverarbeitenden Industrie nicht dazu führen müssten, das Berufsbild des Verfahrensmechanikers für Kunststoff und Kautschuktechnik zu überarbeiten. Dieser Beruf wurde zuletzt im Jahr 2012 neu geordnet. Zusätzlich waren die in den letzten Jahren stetig fallenden Zahlen an Ausbildungsanfängern ein weiterer Grund, den Ausbildungsberuf entsprechend anzupassen, um ihn für die Zielgruppe attraktiver zu gestalten.

Nach dem ersten Gespräch im Juni 2022 (bereits bei diesem Termin war Francisco Rivera Campos mit eingebunden) starteten umgehend die ersten internen Analysen, sodass beim Antragsgespräch Ende 2022 die nötigen Eckpunkte mit Beteiligung von Bund und Ländern sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern sehr gut vorbereitet waren. Ein kritischer Punkt war die neue Berufsbezeichnung, denn diese hatte bereits bei der letzten Neuordnung in 2012 zu kontroversen Diskussionen geführt. In dieser Runde war man sich schnell einig darüber, dass die Bezeichnung Technologe/Technologin in der heutigen digitalen Ausprägung besser vermarktet werden kann als der Verfahrensmechaniker für Kunststoff und Kautschuktechnik in der entsprechenden Fachrichtung.

Auch während des Neuordnungsverfahrens 2023 wurde sichtbar, wie schwierig es ist, eine solch komplexe Verordnung in einer überschaubaren Zeit den aktuellen Anforderungen anzupassen. Ausgangslage sind sieben eigenständige Berufe rund um das Thema Kunstoff in sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Insbesondere das Thema Nachhaltigkeit mit seiner in der Kunststoffbranche sehr ausgeprägten Unterschiedlichkeit sowie die Entwicklungen durch die Digitalisierung wurden durch die Einführung der neuen Standardberufsbildpositionen stark unterstützt. Zusätzlich wurden diese Themen vertiefend in Abschnitt A des Ausbildungsrahmenplans positioniert. Das Thema der nachwachsenden Rohstoffe sollte in diesem Zusammenhang einen stärkeren Fokus erhalten.

Im Bereich der Instandhaltung wurde Kunststoff- und Kautschuktechnologen eine stärkere fachliche Ausprägung in der vorbeugenden Instandhaltung eingeräumt. Dabei geht es nicht um eine Erweiterung durch unterschiedliche Steuerungstechniken, sondern vielmehr um deren Unterscheidung sowie um das Stärken einer Sichtweise, die eine vorbeugende Instandhaltung stärker fokussiert.

Mit dem Ziel vor Augen, ein möglichst schlankes Verfahren zu durchlaufen, waren alle Beteiligten der Neuordnung der Meinung, dass die Prüfungsanforderungen, nicht nur in Bezug auf die Prüfungsinstrumente, sondern auch hinsichtlich Ablauf und Wertigkeit, nicht verändert werden sollten. Von der Idee, eine Zusatzqualifiaktionen zu integrieren, wollte man sich allerdings nicht trennen und so wurde sehr schnell eine entsprechende Lösung gefunden: Viele Unternehmen, die in der Kunststofftechnik unterwegs sind, sind indirekt mit dem Maschinenbau verbunden und bilden somit auch im metalltechnischen Bereich aus. In einer Teilnovellierung der Metallberufe wurde 2018 das Werkzeug der Zusatzqualifikation genutzt, um zusätzliche Themen wie „Additive Fertigungsverfahren“, IT-gestützte Anlagenänderung sowie Prozess- oder Sytemintegration in der Ausbildung berücksichtigen zu können und in einer zusätzlichen IHK-Prüfung bescheinigen zu lassen.          In der Kunststoffbranche haben sich die Sachverständigen geeinigt, nur die Zusatzqualifikationen „Additive Fertigungsverfahren“ und „Prozessintegration“ aufzunehmen, mit der Vorgabe, dass sowohl die Form der Qualifikation als auch die Prüfungsmodalitäten sich der Zusatzqualifikationen der Metallberufen gleicht, damit eine Qualifikation im eigenen Betrieb für beide Berufsgruppen identisch ablaufen kann.

Die eigentliche Struktur des Berufes mit seinen sieben Fachrichtungen wurde bewusst in seiner Form beibehalten, um die berufliche Handlungskompetenz für die gesamte Branche in einem Beruf darstellen zu können.

Die Inhalte der Neuordnung gelten für alle Verträge, die nach dem 1. August 2023 unterzeichnet werden, mit Ausnahme der Zusatzqualifikationen. Diese dürfen auch für bereits bestehende Ausbildungsverhältnisse zum Verfahrensmechaniker/zur Verfahrensmechanikerin für Kunststoff- und Kautschuktechnik umgesetzt werden.

Um gute Voraussetzungen für eine reibungslose Umsetzung neuer Ausbildungsordnungen im Sinne der Ausbildungsbetriebe wie auch der Auszubildenden zu schaffen, haben sich Umsetzungshilfen als wichtige Unterstützung in der Praxis bewährt. Auch an der Erstellung dieser Hilfen hatte sich FRC Personalservice aktiv beteiligt. Alle Beteiligten hatten sich dafür entschieden, gemeinsam verschiedene Materialien zur Unterstützung der Ausbildungspraxis zu entwickeln. In einer Handreichung werden die Ergebnisse der Neuordnung und die damit verbundenen Ziele und Hintergründe aufbereitet und anschaulich dargestellt. Diese können auf der Website des BIBB heruntergeladen bzw. als Druckversion erworben werden.

Zum Hintergrund:

Francisco Rivera Campos war schon als Sachverständiger bei der ersten Neuordnung dabei. Hieß der frühere Beruf noch Kunststoffformgeber, wurde er 1997 zum ersten Mal zum Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik geordnet und beinhaltete fünf Fachrichtungen. 2006 kamen dan Kunststoffenster und Faserverbundwerkstoffe hinzu. In all den Jahren konnte er immer mit seiner Expertise und seinem Netzwerk viel für den Fortbestand des einen Berufes in der Kunststoffbranche erreichen. 

Bei Fragen zur Neuordnung, den daraus resultierenden Änderungen für Ausbildungsbetriebe sowie das Prüfungswesen steht unser Team und Francisco Rivera Campos gerne zur Verfügung. (F.Rivera)