Am 05. und 06. November trafen sich etwa 50 Ausbilder und Ausbilderinnen in Bad Münder zur jährlich stattfindenden Ausbildertagung der Industriegewerkschaft IGBCE. Auch wir waren vor Ort, um zu sehen, welche Themen aktuell bundesweit diskutiert werden. Nach Eröffnung durch Jörg Kunkel, Abteilungsleiter der Abteilung ARQUA (Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik), referierte Frau Birgit Biermann als neues Mitglied des Hauptvorstandes zu „Mit Aus- und Weiterbildung die Beschäftigungsfähigkeit sichern“, einer der Ansätze ihrer zukünftigen Arbeit.
Danach folgte ein weiteres Inputreferat von Prof. Dr. Marc Thielen von der Leibniz-Universität Hannover, der analysiert hatte, welche Risiken und Nebenwirkungen die bescheinigte Ausbildungsreife auf die Entwicklung jungen Menschen habe. Diese fragwürdige Prognose entscheidet über die zur Verfügung stehenden Berufe für diese Bewerbergruppe. Erschreckend hierbei, wie nach seiner Analyse Menschen in ein Raster gesteckt werden und dadurch auch für den regionalen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen.
Die gerne benutzte Aussage „die Jugend von heute erfüllt die Anforderungen der Arbeitswelt nicht“, kann er ebenso nicht unterstreichen. Nach den Ausführungen des Professors waren schon in den siebziger Jahren ähnliche Aussagen zu hören, die auch schon damals nie wissenschaftlich belegt waren. Betrachten wir die Zugangsvoraussetzungen für ein Studium mit der Auswahl eines Auszubildenden, sind sehr starke Unterschied zu erkennen. Zum Studium werden meist lediglich ein Abschluss und gewisse Noten gefordert. Um einen Ausbildungsplatz zu erhalten, muss neben den Noten auch der Lebenslauf stimmig sein, ein Einstellungstest und/oder ein Vorstellungsgespräch absolviert werden und erst dann wird entschieden, ob dieser Mensch in der Lage ist, in drei Jahren einen Berufsabschluss zu erlangen. Das sich der Mensch in den nächsten Jahren noch weiterentwickelt, wird dabei selten berücksichtigt.
Bei einer offenen Diskussion im Fish-Bowle-Format erhielten die Teilnehmer die Möglichkeit, Fragen an die drei Referenten zu richten und die vorgestellten Themen vertieft zu betrachten. Dietmar Hartmann (provadis) berichtete zum Abschluss des ersten Tages vom Projekt ANLIN2, bei dem es um die Implementierung von „Nachhaltigkeit in der Ausbildung“ geht.
Am nächsten Morgen durfte Michelle Rivera Campos die Tagung mit der Präsentation des Videofilms zur Anwerbung des Seminars „Umgang mit Prüfungsangst“ eröffnen, wobei sie auch einen kurzen Einblick zu den Inhalten dieser Weiterbildung für Ausbilder und Prüfer der zuständigen Stellen gab. Als letzten Input berichtete Volker Freudenberger über einen Workshop des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), der sich mit den neuen Anforderungen an Prüfungen beschäftigt. Schwerpunkt dabei ist die Beschreibung von neuen kompetenzorientierten Prüfungsformen. Abgeschlossen wurde die Veranstaltung mit einem „BARCAMP“. Hier stellten Teilnehmer unterschiedliche Themen der Ausbildung vor, die sie beschäftigen, um diese dann an sechs Station in drei Runden mit allen Besuchern der Ausbildertagung zu diskutieren.
In unseren Augen eine rundum gelungene Veranstaltung, um es Ausbildern zu ermöglichen sich auch über den Tellerrand hinaus mit anderen Ausbildern auszutauschen. Zusammenfassend kann man sagen, dass insbesondere das Thema Nachhaltigkeit (wurde auch in den seit Sommer 2021 gültigen Standardberufsbildpositionen eingeführt) in den nächsten Jahren das Ausbildungs- und Prüfungsgeschehen beeinflussen wird. (F. Rivera)